10 Meisterschüler absolvieren ein Praktikum in Tischlereien in Südtirol
Der Blick über den Tellerrand lohnt sich immer. Unter diesem Motto hat die Meisterschule Gunzenhausen erstmalig ein besonderes Angebot für ihre Meisterschülerinnen und -schüler für Schreiner organisiert. In der letzten Woche der Sommerferien und der ersten Schulwoche haben sich insgesamt 10 Teilnehmer (genauer 9 Schüler und 1 Schülerin) zu einem 2-wöchigen Praktikum in Tischlereien in Südtirol gemeldet, um für 14 Tage die Arbeitsluft im Norden Italiens zu schnuppern. Außerdem stand ein Informations- und Erfahrungsaustausch mit den Meisterschülern in Südtirol auf dem Plan. Die ganze Reise wurde über das ERASMUS+-Programms finanziert, so dass jeder Teilnehmer einen Zuschuss für Übernachtung und Anreise erhalten konnte.
Vorbereitungen seit 2023
Die Vorbereitungen für diesen Austausch starteten bereits im April 2023, als der stellvertretende Schulleiter Wolfgang Förtsch ein 5-tägiges Praktikum im Landesverband für Handwerker und Dienstleister (lvh.apa) in Bozen und an der Berufsschule in Brixen absolvierte. Dabei ging es darum die geplante Kooperation anzubahnen, die notwendigen Kontakte zu knüpfen und die Idee eines Austausches mit Verantwortlichen vor Ort zu teilen. Es galt im Vorfeld Tischlereien in Südtirol zu finden, die bereit waren einen oder zwei Praktikanten aufzunehmen und so die Möglichkeiten für diesen Austausch zu bieten. Dies gelang auch mit starker Unterstützung einer Lehrkraft der Berufsschule Brixen, Herrn Bernhard Auer, der im Juni dieses Jahres auch schon für eine Woche bei uns an der Berufs- und Meisterschule zu Gast war und sich über die Ausbildung bei uns in Bayern informierte.
14 Tischlereien für 10 Teilnehmer
Letztendlich haben sich dann mehr als 10 Tischlereien bereit erklärt an diesem Programm teilzunehmen und haben entsprechende Kooperation angeboten. Die Lage der Betriebe reichte von Sterzing im Norden Südtirols über Welsberg im Pustertal bis hinunter nach Leifers südlich von Bozen. Interessanterweise beträgt die Durchschnittsgröße von Handwerksbetrieben in Südtirol nur 3,3 Mitarbeiter, bei Tischlereien etwa 3,9 Mitarbeiter, so spricht der Landesverband von einem „kleinststrukturierten“ Aufbau. Dementsprechend waren auch die teilnehmenden Betriebe in Größe und Ausrichtung sehr unterschiedlich: von der kleinen familiengeführten 3-Mann-Tischlerei über den 10-Mann-Familienbetrieb bis hin zu größeren Tischlereien mit bis zu 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Entsprechend unterschiedlich waren die Eindrücke der „Praktikantin“ und der „Praktikanten“. Der „Lernauftrag“ für die Teilnehmer war ihre Arbeit vor Ort zu reflektieren und mit ihren bisherigen Berufserfahrungen zu vergleichen. Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede lassen sich in Bezug auf Arbeitsweise, Mentalität und Arbeitsbedingungen ziehen? So sollten die gewonnen Erfahrungen dann auch in die eigene Ausbildung zu Hause einfließen.
Austausch mit den Meisterschülern in Südtirol
Ein Tag des Praktikums wurde als gemeinsame Veranstaltung organisiert. Einerseits um einen Austausch der Meisterschüler untereinander über die belegten Praktikumsplätze zu ermöglichen. Andererseits auch um einige interessante Institutionen vor Ort zu sehen. Gemeinsam mit Bernhard Auer besuchten die Teilnehmer den NOI Techpark. In diesem Gewerbe- und Innovationsgelände mitten in Bozen werden Startups bei der Neugründung unterstützt, „Makerspaces“ (kleine Werkstätten) zur Verfügung gestellt, um neue Verfahren und Projekte ausprobieren. Außerdem werden Jungunternehmer auch bei der Umsetzung und Planung eigener Ideen unterstützt und auch die Meisterschüler aus Südtirol sind im Rahmen ihrer Ausbildung dort. Im Anschluss stand noch eine Besichtigung der Tischlerei Höller auf dem Plan, die sich auf u. a. auf den Innenausbau von Luxusjachten und von Showräumen im Hochpreissegment spezialisiert hat. Von beiden Besichtigungen zeigten sich die Teilnehmer sehr beeindruckt.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen trafen sich dann auch die Meisterschülerinnen und -schüler aus Bayern und Südtirol zu einem Erfahrungsaustausch. Die Meisterausbildung in Südtirol ist modular aufgebaut. Die einzelnen Module werden an verschiedenen Standorten über 2 – 3 Jahre verteilt angeboten. Größter Unterschied ist aber, dass die Ausbildung berufsbegleitend statt. Und so bestätigten die Südtiroler selbst, ist der finanzielle Anreiz Tischlermeister zu werden kaum vorhanden, da man nach bestandener Prüfung kaum mehr verdient. Lediglich zum Führen einer eigenen Tischlerei ist ein Meisterbrief notwendig.
Auch der Austausch mit den Meisterschülern wurde als sehr gewinnbringend eingestuft und so entstand eine sehr angenehme und freundschaftliche Stimmung zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Danke für die Unterstützung
Mein großer Dank gilt allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer für ihr Engagement und ihre Bereitschaft bei diesem Austausch mitzumachen. Außerdem ein Dankeschön nach Südtirol an Wolgang Egger von der lvh und Kathrin Pichler vom NOI Techpark in Bozen für Ihre Unterstützung bei Planung dieses Vorhabens. Und ein Riesendank an mein Pendant an der Berufsschule in Brixen, Herrn Bernhard Auer, der mich im Vorfeld und vor Ort in Südtirol mit allen Kräften unterstützt und vor allem den Austausch mit den Meisterschülern dort ermöglicht hat.
To be continued…
Der erste Austausch kann als voller Erfolg für alle gewertet werden und es bleibt der Wunsch nach einer Fortsetzung. Sowohl die teilnehmenden Tischlereien als auch die Meisterschüler selbst empfanden den Austausch als sehr gewinnbringend und würden dies auch weiterempfehlen. Deswegen sollen auch zukünftige Meisterschüler dieses Angebot erhalten und ein weiterer Austausch wird sicher geplant. Mal sehen, was die Meisterschüler der anderen Kurse dann berichten können…
Text und Bilder
Wolfgang Förtsch